Gefühle der Krise – Teil 1

„Krisen sind eine Chance!“

Das haben wir in den vergangenen Monaten sehr oft gehört.
Die Aussage stimmt, aber sie ist nicht immer leicht zu verstehen bzw. umzusetzen.

Wer in einer Krise steckt oder bestimmte Situationen als Krise betrachtet, erkennt eben genau aus diesem Grund nicht die große Chance, vor der er gerade offenbar steht.

 

Um was für eine Chance handelt es sich denn überhaupt, wenn man in einer Krise steckt?

In der Regel wird hier von der Chance zur Veränderung gesprochen.
Denn die meisten Menschen verändern erst dann etwas in ihrem Leben, wenn ein Ereignis eintritt, das sie zum Umdenken zwingt. Schicksaalschläge jeglicher Art sind hier meist der Auslöser. Sie erinnern uns an den Wert des eigenen Lebens – an das, was für jeden Einzelnen wirklich zählt.

Aber genau hier steckt auch eine große Gefahr.
Das eigene Leben zu hinterfragen, bzw. die Art und Weise, wie man es bisher geführt hat, ist gut, solange man nicht blind losrennt und im wilden Aktionismus ganz viel Porzellan zerschlägt, das sich danach nicht wieder reparieren lässt.

Das Leben, das Du bis jetzt geführt hast, ist genau das, was Du für Dich bestimmt hast.
Es ist Dein aus Deinen Entscheidungen heraus gewählter Weg.
Manchmal hast Du ihn bewusst gewählt, manchmal intuitiv. Aber auf jeden Fall warst Du es, der die Wahl getroffen hat. Es hat viele Gründe, warum Du stehst, wo Du stehst.
Und es ist gut, so wie es ist!


Nun stehst Du an einer Gabelung

Krisen sind immer Gabelungen, aber sie müssen keine komplett neue Ausrichtung bedeuten.
Es kann sein, dass Du Die Richtung Deines bisherigen Weges beibehältst. Allerdings läufst Du ein paar Meter abseits und erblickst dabei neue Dinge, nimmst den Weg anders wahr, siehst andere Farben…
Oder Du wählst den anderen Weg und schlägst eine vollkommen neue Richtung ein.

Veränderungen gibt es auf verschiedene Art und Weisen.
Die eine lässt keinen Stein auf dem anderen, eine andere wiederum verändert lediglich das Setting, die Umstände, die Denkweise und bewirkt ebenfalls enorm viel.
In jedem Fall wird es nicht mehr so sein wie zuvor.
Das ist gut so! Es soll auch so sein, denn ansonsten wäre die Krise nicht in Dein Leben getreten.

Beide Möglichkeiten der Veränderung sind gut.
Aber welche jetzt für Dich richtig ist, kann niemand außer Dir entscheiden.

Ohne Krisen würden wir kaum etwas in unserem Leben verändern. Dabei halten wir sehr viel aus, verdrängen und reden uns ein, dass alles gut ist.
Veränderungen machen Angst. Sie sorgen für Verunsicherung und das ist etwas, das unser Verstand auf jeden Fall vermeiden will. Er möchte uns beschützen – vor allen Konsequenzen die eine eventuelle Veränderung mit sich bringen würde.

Aber braucht es wirklich immer erst einen Zusammenbruch des (eigenen) Systems, bis man den Mut aufbringt etwas zu verändern?

Ich glaube ja und liefere selbst ein gutes Beispiel dafür.
Krisen sind die Initialzündung für Veränderungen, denn sie liefern uns die Rechtfertigung vor allen Konsequenzen.

Genau deshalb rufen jetzt viele Coaches und geistige Lehrer zum Mut zur Veränderung auf.
Wir brauchen solche Zeiten, um uns in Gang zu setzen. Ansonsten haben wir es uns in unserem Alltagsnest zu gemütlich gemacht.

Der Kraftaufwand ist hoch und deshalb muss meistens auch der Schmerz groß sein, um den Weg anzutreten.

Unsere persönlichen Krisen sehen alle vollkommen verschieden aus.
Was für die eine Person eine Herausforderung ist, stürzt eine andere in die Verzweiflung und umgekehrt.
Krisen können unterschiedlich stark sein und keine lässt sich von außen bewerten. Sie sind sehr persönlich und jeder geht anders damit um.

 

Krise als Motor und Geschenk?

Um eine Krise „sinnvoll“ zu nutzen und sie zum Motor und letzten Endes Geschenk werden zu lassen, gibt es einiges zu beachten.

1.     Komme zur Ruhe
Die Situation wirbelt ganz viel auf. Sie lässt Gefühle in uns hochkommen, die uns eventuell erschrecken und die uns vor allem lähmen.
Angst, Wut, Trauer, Scham sind solche Kandidaten.
Sie gehen an unsere Grundbedürfnisse und lassen uns in ein tiefes Loch fallen.
„Keine Ahnung, wie ich da wieder raus kommen soll…“

Versuche Dir dieser Gefühle bewusst zu werden.

Welches Gefühl kommt hoch?
Oder kommen mehrere Gefühle hoch?
Treten sie gleichzeitig oder hintereinander auf?
Wann treten sie auf?
Was war der Auslöser?
Welches Ereignis hat sie getriggert?

Versuche im ersten Schritt nur wahrzunehmen und Dir der Situation bewusst zu werden.
Erkenne das Gefühl an. Lass es zu und vor allem erlaube es Dir.
Denn, es gehört zu Dir!

Dass Du fühlst was Du fühlst, hat etwas mit Deinen Prägungen und Erfahrungen zu tun. Es kommt nicht, weil Du ein schwacher Mensch bist!

Dir werden ganz klar Deine Grenzen aufgezeigt, aber auch woran Du arbeiten darfst.
Eines ist klar: Aufgeben ist keine Option!

Grenzen sind dafür gemacht um etwas abzugrenzen, in Schach zu halten oder zu verbergen. Aber wann haben Menschen jemals Grenzen auf Dauer akzeptiert? Grenzen werden überwunden – sei es physisch oder mental.

Zuerst stellen wir sie fest, dann stellen wir sie in Frage und zuletzt fordern wir sie heraus und überwinden sie.


Welches Gefühl steckt also hinter Deiner Krise?


Angst:

Angst macht Angst.
Sie drückt sich oft in Stress, Nervosität oder Schlafstörungen aus und raubt uns den Atem. Angst ist die Grenze schlecht hin, denn sie baut sich wie eine Mauer vor bzw. in uns auf und verhindert jegliches Weiterkommen.

Sie steht oft in Zusammenhang mit Existenz- oder Verlustängsten.
Das Bedürfnis nach Sicherheit ist ein starkes Grundbedürfnis aller Menschen. Wir handeln instinktiv danach und alles was vermeintlich unsere Existenz bedroht macht uns Angst.
Allerdings lassen wir uns auch sehr schnell in diese vermeintliche Existenzangst drängen. Viele Menschen empfinden bereits Existenzängste, sobald im Job mal schlechte Luft herrscht. Schlechte Laune beim Vorgesetzten, ein fragwürdiger Kommentar eines Kollegen und schwups dreht das Gedankenloskarussell seine Runden.

Für alle Ängsten, die in Dir hochkommen, gilt eine simple aber wirksame Strategie: Stell Dir die Frage, ob Du sicher weißt, dass es ist, wie Du denkst, dass es ist?

 

„Gedanken sind wie Wolken. Sie kommen und gehen. Wahr werden sie erst dann, sobald Du sie glaubst.“ (Byron Katie)

 

Ist Deine Existenz wirklich bedroht, wenn Du Deinen Job verlierst?
Bist Du tatsächlich in Gefahr, wenn Du zu wenig Geld auf dem Konto hast?

Unsere Angst kann uns helfen, den Übergang zu etwas Neuem zu schaffen. Denn wenn wir etwas nicht ändern oder akzeptieren können, dann kann es nur etwas Neues geben. Hierfür braucht es Mut, sich der Angst zu stellen und sich nicht von ihr eingrenzen zu lassen. Wenn Du Angst nicht als Gefahr betrachtest, sondern eine Neugier für das Unbekannte entwickeln kannst, so wird auch Angst zu deinem Motor.

Wir Menschen schütten Dopamin, unser Glückshormon, u.a. immer dann aus, wenn uns Neues begegnet. Das kannst Du natürlich erreichen, indem Du Dir ständig neue Sachen kaufst. Du kannst aber auch etwas verändern und dadurch etwas Neues in Dein Leben holen, das Dich glücklich machen wird.

Wut:
Von der Wut handelt mein letzter Blog-Artikel, den Du Dir an dieser Stelle gerne durchlesen darfst. Daher will ich hier nicht mehr ausführlich darauf eingehen.
Wut entsteht, wenn ich etwas als falsch erachte. Daher ist unsere Wut auch immer ein wichtiger Antreiber und bringt uns ins Handeln. Sie ist wichtig, damit Du den Veränderungsprozess in Gang setzt.

Trauer:
Trauer wird ungern zugelassen und daher oft verdrängt. Sie ist in unserer Gesellschaft nicht besonders anerkannt und wird dadurch oft mit Mitleid oder Verharmlosung kommentiert.
Tatsächlich ist Trauer jedoch eine wichtige Kraft, die uns hilft loszulassen. Mit ihr akzeptieren wir was ist, auch wenn wir den Wunsch haben, dass es anders ist.
Trauer hilft uns Frieden zu schließen. Sie öffnet unser Herz und bringt uns in Kontakt mit unseren Bedürfnissen und Sehnsüchten – mit uns selbst.

Scham:
Scham ist wohl jedem von uns gut bekannt und eng verbunden mit dem Gedanken: „Ich bin falsch.“
Dieses Gefühl betrifft immer nur uns selbst. Hier bewerten wir nichts das von außen kommt, sondern reflektieren das eigene Selbst.
Bei Scham geht es um Reflektion und Innenschau. Wir hinterfragen uns und unser Tun, was für sich betrachtet doch gar nicht so verkehrt ist. Aber auch hier ist es ein Akt des „sich Erlaubens“.
Sich selbst zu betrachten, zu reflektieren und dadurch kennenzulernen bedeutet Überwindung, kann jedoch auch sehr befreiend sein.
Durch dieses Schamgefühl erkennen wir unsere Grenzen, Fehler und Schwächen und können darauf basierend eine gesunde Selbstliebe entwickeln.

 

Im 2. Teil von „Gefühle der Krise“ erfährst Du Schritt zwei und drei, wie Du Deiner Krise begegnen und sie zu einem Motor für eine Veränderung in Deinem Leben machst.

 

Gefühle der Krise – Teil 2

Fortsetzung von „Gefühle der Krise – Teil 1“ 

 

2.     Erkenne und lass los
Wenn Du Dir die Ruhe und Zeit genommen hast, wahrzunehmen welche Gefühle hochkommen, kannst Du erkennen was dahintersteckt bzw. was der Auslöser ist.
Versuche alle Bewertungen rauszunehmen und einfach nur zu akzeptieren.

Mit der Situation zu hadern und Dich für Deine Empfindungen fertig zu machen, wird Dich keinen Schritt weiterbringen.
Es ist ein Akt der Selbstliebe, anzuerkennen was ist und es dann liebevoll wieder zu verabschieden.

Erst wenn Du loslässt, machst Du den Weg frei für neue Möglichkeiten und Lösungen.

3.     Finde neue Möglichkeiten
Die Situation zu erkennen und anzunehmen, bedeutet nicht, dass Du Dich ihr ergeben sollst. Im Gegenteil. Es verhindert, dass Du Dich dafür selbst fertig machst und den Weg zur Veränderung blockierst.
Jetzt ist es an der Zeit weiter zu gehen und die Situation in die Hand zu nehmen.

Stelle Dir folgende Fragen:
„Was kann ich jetzt tun?“
„Welche Möglichkeiten habe ich und wer kann mir helfen?“


Es gibt immer einen Weg! IMMER! 

Auch wenn Du oder einer Deiner Lieblingsmenschen erkrankt oder gar im Sterben liegt.
Es gibt immer Möglichkeiten, sich der Situation zu stellen und damit zurecht zu kommen.
Selbst mit dem Tod!

Ich habe furchtbare Angst vor dem Tod. Nicht vor meinem, aber vor dem eines Menschen, den ich liebe. Ich musste diese Angst schon einmal ertragen und sie läuft mir an manchen Tagen noch immer ab und zu über den Weg.

Aber all diese Empfindungen wie Selbstmitleid, Zweifel oder Angst haben mich noch nie vorwärts gebracht. Sie haben nie etwas verändert – im Gegenteil!
Ich glaube an die selbsterfüllende Prophezeiung und ihr will ich mein Glück auf keinen Fall überlassen.
NO WAY!

Es geht immer weiter!
Irgendein Weg tut sich immer auf und das oft völlig anders, als Du es Dir hättest vorstellen können.
Man sollte jedoch die Augen aufhalten und dafür bereit sein. Sonst verpasst man ihn und bleibt im alten Schlamassel stecken.


Jeder von uns kann stark sein, wenn er muss. 

Und dabei möchte ich betonen, dass man natürlich auch mal schwach sein darf. Das ist in Ordnung! Du darfst heulen, schreien, schimpfen, fluchen und gegen die Tür treten. Aber irgendwann ist es gut. Dann stehst Du auf und suchst nach einem Weg, der Dich jetzt da rausführt oder der Dich dabei unterstützt und begleitet.

 

Deine Beziehungen werden Dir helfen 

Bitte um Hilfe! Verstecke Dich nicht, sondern erzähle wie es Dir geht.
Du wirst erstaunt sein, wie Vielen es ähnlich geht wie Dir.

Eines hat mich meine Erfahrung gelehrt: steinige Wege lassen sich nie gut alleine gehen.
Ab und zu muss man ein Stück getragen werden, oder zumindest die Hand von jemand anderem halten, damit man weiß, dass man nicht alleine ist.

Irgendwann wirst Du das Gefühl haben umkehren zu müssen, weil es einfach nicht mehr weiter geht.
Auf manchen Wegen würde das gehen, auf manchen jedoch nicht.
Daher rate ich auch hier, einfach immer weiter zu gehen und zu vertrauen. Glaube mir, egal was Dich erwartet, irgendwann ist der Weg überwunden und Du wirst unfassbar dankbar, glücklich und stolz sein, dass Du durchgehalten hast.

 

Hier gibt es eine wunderschöne Übung, die ich Dir ans Herz legen möchte 

Wenn Du in einer Krise steckst und gerade die Veränderung angehst, dann stell Dir vor, wie es sein wird, wenn Du da bist, wo Du hinwillst.

Stell Dir vor, Du triffst eine Freundin oder einen Freund und erzählst von Deinem Weg.
Versetze Dich in den Moment, wenn Du davon erzählst.

Kannst Du die Freude, das Glück und den Stolz fühlen, die Du empfindest?

Verankere dieses Gefühl, das fette Grinsen in Deinem Gesicht, das Kribbeln in deinem Bauch, wenn Du an diesen Moment denkst. Wenn Du davon berichtest, wie Du den Weg Deiner Veränderung gegangen bist.
Vielleicht kannst Du sogar den Wein schmecken oder das Essen riechen, das in dem Lokal serviert wird. Stelle Dir alles so intensiv und bildlich vor wie möglich.

Wann immer Du zweifelst, holst Du Dir dieses Gefühl hoch und gehst dann mutig weiter voran.

Krisen können uns ins Wanken bringen und unser Leben von einem Moment auf den anderen verändern. Aber letztendlich hast Du es in der Hand, was Du daraus machst und was Du mit Dir machen lässt.
Hier findet jeder seinen eigenen Weg. Was für mich gut war, kann bei Dir nicht funktionieren und umgekehrt.

Wichtig ist, dass wir weiter gehen, uns nicht entmutigen lassen und im Vertrauen bleiben.

 

Es grüßt Dich

Deine Susanne